Segen und Segnen im Marianischen Segenskreis

Einkehrtag in Wien, 15. Oktober 1983

 

BrŸder und Schwestern im Herrn!

 

Wenn ich Ihnen fŸr einen kurzen, besinnlichen Einkehrtag die VortrŠge halten darf, so tue ich es aus mehreren GrŸnden sehr gern:

1.    weil ich mich selber der schšnen, segensreichen Gemeinschaft des MSK angeschlossen habe und voll und ganz seine Zielsetzung bejahe,

2.    weil sich beim …sterr. Katholikentag hier in Wien und in Mariazell vor einem Monat Papst Johannes Paul II. im besten Sinn des Wortes gemŠ§ seinem Wahlspruch ãTotus Tuus, MariaÒ als geistiges Mitglied des MSK erwiesen hat. Man muss nur unter diesem Aspekt das ergreifende Weihegebet, das er vor dem Gnadenbild der ãMagna Mater AustriaeÒ in Mariazell gesprochen hat, auf sich wirken lassen. Es klingt aus mit den Worten: ãMagna Mater Austriae, segne die Kirche …sterreichs! Christus, Guter Hirt der Deinen, nimm im Herzen Deiner Mutter unser ganzes Vertrauen, unseren guten Willen, unsere hochherzige Weihe entgegen!Ò

Darf ich nun, bevor ich Ihnen in meinen VortrŠgen biblische Gedanken Ÿber den Segen und das Segnen zur Kenntnis bringe, einleitend zuerst an die guten Formulierungen erinnern, in denen uns gesagt wird, was der MSK will:

1.     Er will zu einem gottinnigen Leben anhalten, damit viele zum Segen fŸr andere werden.

2.     Er will dazu beitragen, dass Priester und Laien sich ihrer Segensmacht wieder mehr bewusst werden.

3.     Er will alles tun, damit mšglichst viele Katholiken in Christus zu Segnenden werden.

4.     Er will Ÿberall hin den Segen des Herrn tragen und dadurch die Welt wieder zu einer Welt Gottes machen.

5.     Er will – unter der geistigen Mutterschaft und FŸhrung der seligsten Jungfrau Maria – eine Gemeinschaft von segnenden sein.

6.     Er will – gemŠ§ den vielen Mahnungen der hl. Schrift – den Kampf gegen die bšsen geistigen MŠchte bewusst aufnehmen durch das Beten des kleinen Exorzismus.

7.     Er will die von der Gottesmutter angeordnete wundertŠtige Medaille als ein besonderes Segensmittel verbreiten.

Entscheidend ist jedenfalls bei dieser Zielsetzung des MSK, dass dem Fluchen und Verfluchen der Segen und das Segnen entgegengesetzt werde nach dem Vorbild und unter dem Schutz jener, die mit Recht als die ãBenedeite (Gesegnete) unter den Frauen gilt, weil aus ihr die gebenedeite Frucht ihres Leibes hervorging, Jesus, in welchem alle Všlker und Menschen dieser Erde gesegnet sind, nachdem er sich im freiwilligen SŸhnetod am Kreuz zum Fluch gemacht hat, um von uns allen den Fluch der SŸnde, den Fluch der ewigen Verdammnis und der Teufelsknechtschaft hinwegzunehmen, damit wir als die ãGesegnetenÒ seines Vaters den ewig bleibenden Segen im Himmel erben kšnnten.

Erinnern wir uns nun zuerst daran, welch gro§e Rolle die Begriffe ãSegenÒ und ãSegnenÒ in der Hl. Schrift des AT und NT spielen; es geht dabei wirklich – wie der theol. Fachausdruck lautet – um SchlŸsselbegriffe, weil vieles in der Hl. Schrift nur verstanden werden kann, wenn man wei§, was es um den Segen und um das Segnen ist, gar  wenn wir an Kontrastbegriffe wie Segen und Fluch,  oder an ergŠnzende Begriffe wie Verhei§ung-Segen-ErfŸllung oder an Gru§ und Segen, Segensgru§ und Segenswunsch denken.

Der Begriff des Segens begegnet im AT am hŠufigsten gleich im 1. Buch Mose, in der Genesis, wo es ja gleich am Anfang in Gen 1,22.28 zweimal von den ersten Menschen hei§t: ãGott segnete sie und sprach: Seid fruchtbar und mehret euch...Ò – Vom Segen ist dann vor allem in den Geschichten von Abraham die Rede und in den weiteren Patriarchen-Geschichten (Gen 12-50). Dann wird vor allem noch im Buch Deuteronomium in seinen Rahmenkapiteln vom Segen gesprochen, den Gott an die Bedingung knŸpft, dass seinen Geboten gehorcht wird, sonst stellt sich anstelle des Segens der Fluch ein (Kap. 27 – 28). Schlie§lich gehšrt auf das 6. Kapitel im Buch Numeri hingewiesen, wo von der Einrichtung des Priestersegens die Rede ist. Zahlreich sind in den Psalmen die Stellen, wo vom Segen und Segnen gesprochen wird.

Nach den wichtigsten Stellen Ÿber den Segen im AT manifestiert sich der Segen vor allem in der Fruchtbarkeit, in der Vermehrung der Nachkommenschaft und in der Fruchtbarkeit auf dem Felde und im Stall.

Die Segenskraft, die jemandem zuteilwird, wirkt sich aber nicht blo§ in zeitlichen Dingen und im Kšrperlichen aus, sondern auch im  Geistigen.

So werden z.B. auch die Weisheit, die jemandem zuteilwird, als Segen bezeichnet, ebenso das seelische Wohlbefinden und das Heil.

Die †bertragung dessen, was die Auswirkung des Segens ist, auf einen anderen, ist dann der Akt des Segnens. Da wird dem anderen Segenskraft mitgeteilt. Wer einen anderen segnet, gibt ihm das Beste, was er ihm wŸnschen kann. †brigens zeigt sich im AT an verschiedenen Stellen, dass ein friedvoller Verkehr der Menschen untereinander eigentlich ohne Segen unmšglich ist. Und wenn Menschen einander grŸ§en mit dem Wunsch: ãDer Friede sei mit dir!Ò, so ist das ein Segenswunsch schšnster Art. Hier spŸrt man, wie das GrŸ§en und das Segnen weithin identisch sind.

Wenn Freunde sich – voneinander Abschied nehmend – trennen, segnen sie einander, um die Freundschaft zu festigen. Was ist unser schšnes ãBehŸtÔ dich Gott!Ò oder das franzšsische ãAdieuÒ, das italienisch Addio andres als ein Segensgru§, wie umgekehrt der biblische Gru§, der in die Liturgie Eingang gefunden hat: ãDer Herr sei mit dir, mit euch! – Und mit deinem Geiste!Ò wieder nichts anderes ist als ein Segensgru§. Wenn im Buch der Richter Kap. 6 Gideon den Gru§ des Gottesboten empfing: ãJahwe ist mit dir!Ò, so war das eigentlich nur ein anderer Ausdruck fŸr Segnen: Gideon sollte ein Gesegneter sein, weil ihm gewŸnscht wurde, dass Gottes Kraft in ihm sei.

Wir erfahren dann weiter aus dem AT, dass gro§e ZusammenkŸnfte vor allem gottesdienstlicher Art notwendigerweise mit einem Segen abgeschlossen wurde, so dass jeder einzelne die Kraft der im Namen Gottes versammelt gewesenen Gemeinschaft mit sich zu nehmen vermochte.

Wirklich, der Segen und das segnen macht einen ganz wichtigen Wesensbestandteil des im AT Geschehenen aus.

Es kann jetzt nicht im Einzelnen auf alle alttestamentlichen Stellen, die vom Segen und vom Segnen handeln, eingegangen werden. Nur  zusammenfassend seien im Sinn des AT ein paar Fragen beantwortet:

1.    Wer segnet? Vor allem ist Gott der Segnende. Sein Name gibt erst allem Segen Kraft. Menschen bedŸrfen zum Segnen einer besonderen ErmŠchtigung. Ganz besonders wird das Segnen Aufgabe und Privileg der Priester.

2.    Wer empfŠngt Segen? Wenn wir da  zuerst an den segnenden Gott denken, so ist zu sagen: Gott segnet die Menschen, alles andere segnet Gott nur um der Menschen willen; so ist es schlie§lich auch, wenn Menschen segnen: sie segnen einander und segnen Dinge (GebrauchsgegenstŠnde usw.) nur, damit sie fŸr den Menschen segensreich werden und den Menschen zum Heil dienen. Hier spŸren wir auch schon die Antwort auf die Frage

3.    Was ist der Inhalt des Segens? Vor allem Fruchtbarkeit – Lebenskraft – Heil ...

4.    Wie wird der Segen vollzogen? Mit Worten und Gesten (Handauflegung u. Š.). Denken wir da an die im Buch Numeri 6,22-27 berichtete Einsetzung des Priestersegens. Da hei§t es: ãJahwe redete mit Mose und sprach: âRede mit Aaron und seinen Sšhnen und sprich: So sollt ihr zu den Israeliten sprechen, wenn ihr sie segnet: Jahwe segne dich und behŸte dich! Jahwe lasse sein Antlitz Ÿber dir leuchten und sei dir gnŠdig! Jahwe erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden! – Wenn sie so meinen Namen auf die Israeliten legen, will ich selbst sie segnen.Ò

5.    Wann wurde gesegnet? Die AnlŠsse dazu waren bei der BegrŸ§ung, bei der Hochzeit, vor dem Sterben, bei Regierungsantritt, bei der gottesdienstlichen Handlung usw.

 

Beachten wir zuletzt, dass es sich bei allem Reden vom Segen und segnen in der Hl. Schrift des AT nicht um irgendetwas NebensŠchliches handelt, sondern um etwas, was von umfassender Bedeutung war fŸr die Religion und das Zusammenleben der Menschen und des ganzen Volkes Israel.

Was vom Segen und segnen im AT gesagt worden ist, gilt dann auch fŸr das NT. – Das NT knŸpft im Gebrauch und im VerstŠndnis von Segen und segnen an das AT an.

Darf ich jetzt noch – ohne Sie damit langweilen zu wollen – kurz noch an die etymologische Bedeutung des Wortes Segen und segnen in den biblischen Sprachen (HebrŠisch – Griechisch-Lateinisch) und in unserer deutschen Sprache erinnern:

Das hebrŠische Wort fŸr segnen: brk, fŸr Segen: berk, fŸr gesegnet: Bruk (der Name eines Propheten: der Gesegnete). Brk und berk: 398 Mal im AT. Das griechische Wort fŸr segnen und Segen: eulogein, dem das lateinische benedicere entspricht; beides wšrtlich Ÿbersetzt: schšn (gut) reden, dann: Ÿber jemand etwas Gutes sagen, jemanden Gutes zusagen, versprechen, verhei§en, und zwar im Namen dessen, der das Gute diesem Menschen und allen Menschen geben kann, also im Namen Gottes und im Namen dessen, der uns Menschen das Gute schlechthin, das Heil, das wir durch die SŸnde verscherzt hatten, wieder verdient hat, Jesus Christus.

Die Hl. Schrift versteht darum unter Segen die Zuwendung von HeilsgŸtern an die Menschen, sei es durch Gott selbst oder durch die in der macht oder im Auftrag Gottes handelnden Menschen.

Unser deutsches Wort ãsegnenÒ  kommt vom lateinischen ãsignare = signum facere = ein Zeichen machen, gemeint ist das signum crucis, das Kreuzzeichen; so wŠre die wšrtliche Bedeutung von segnen = sich bekreuzigen. Das deutsche Wort segnen ist also vom Kreuzzeichen ausgegangen. Der Gesegnete wird unter das Zeichen des Gekreuzigten gestellt, von dem alles Heil im Neuen Bund ausgeht, so wie der Gesegnete im AT unter den Schutz Gottes gestellt wurde. Dem heilsgeschichtlichen Segen, wie er vom Gekreuzigten ausgeht, geht der Schšpfungssegen voraus: Gott segnete die ersten Menschen und gab ihnen den Auftrag: ãSeid fruchtbar und mehret euch!Ò

Scheuen wir uns nun nach diesen einleitenden †berlegungen eine der schšnsten Schriftstellen des AT Ÿber Segen und segnen an. Sie findet sich in Gen 12,2-3.

†ber diese Stelle mšchte ich nun mit Ihnen, liebe BrŸder und Schwestern im MSK ein wenig meditieren.

Da spricht Gott zu Abram (Abraham): ãIch will dich zu einem gro§en Volk machen. Ich will dich SEGNEN und deinen Namen gro§ machen und du sollst ein SEGEN sein. Ich werde SEGNEN, die dich SEGNEN und werde verfluchen, die dich verfluchen.Ò

Die ŸbernatŸrliche Wortoffenbarung Gottes beginnt beim Patriarchen ABRAHAM als gnŠdige Verhei§ung von SEGEN. Der Verhei§ung Gottes entspricht auf Seiten des Menschen nicht etwa die Einsicht und Erkenntnis, dass das, was Gott da verhei§t, so und so zu verstehen ist, sondern der Verhei§ung Gottes entspricht auf Seiten des Menschen der Glaube voll Vertrauen und der Gehorsam: Ich glaube, dass das, was Gott mir verhei§t, in ErfŸllung gehen wird, weil Gott treu ist und zu seiner Verhei§ung, zu dem von ihm gegebenen Wort steht und weil Gott auch die Macht hat, das zu erfŸllen, was er verhei§t.

Abraham wird bezeichnenderweise in der Hl. Schrift als Vater des GLAUBENS charakterisiert (vgl. Ršm. 4, 16ff) und alle wahrhaft Glaubenden – ob Juden oder Heiden – werden in der Hl. Schrift ãKinder AbrahamsÒ genannt, weil der Glaube und nicht etwa die leibliche Abstammung die wahre Kindschaft Abraham gegenŸber schafft (vgl. Gal. 3,6 ff; Ršm 4,1 ff Joh 8,33).